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poesie

ich schreibe nicht nur beruflich gerne.

auf der straße und am wegesrand warten worte und geschichten.

manche davon finde ich.

duett

wenn beide ein paar wären

der glaube und der zweifel

 

von gott zusammengefügt

und von den menschen geschieden

 

wer würde die blumenzwiebeln vergraben

und wer den abwasch machen

 

wer wäre mehr fürs süße

und wer mehr fürs bittere

 

wenn beide ein paar wären

der glaube und der zweifel

 

wer würde dem kind zur gute nacht singen

und bei wem würde es denken lernen

 

wer würde besser walzer tanzen

und wer schneller den weg finden

 

wer würde den kranken nachbarn besuchen

und wer die worte für die beileidskarte finden

 

wenn beide ein paar wären

der glaube und der zweifel

 

wer würde zur musik sagen schwester

und zum himmel bruder

 

wer hätte zu gott den besseren draht

und wer zu den menschen

 

wer würde öfters den streit beginnen

und wer versöhnung wagen

 

wenn beide ein paar wären

der glaube und der zweifel

 

würden sie miteinander alt werden

und in ihren Augen würden unsere Seelen sich spiegeln

und immer einmal wieder würden sich die hände finden

sie würden sich leise lächelnd sagen

du tust mir gut

 

der glaube und der zweifel

Beach Chairs
Einkaufszentrum Rolltreppen

roll
  trep
    penb
      ekan
        ntsc
          haft

sie schien es wohl eilig zu haben

verschiedene taschen in den händen

laut schlugen die absätze auf das metall

 

links gehen

rechts stehen

 

entschuldigung, darf ich mal  

tut mir leid, ich müsste mal

bitte, dürfte ich wohl

 

doch bei mir reichte wohl der wille

aber nicht der platz

 

taschen fielen

moment der berührung

auge in auge 

sie

sprach leise ein entschuldigung

hob leicht die augen

lächelte

schwebte fast anmutig weiter

mein blick im schlepptau 

 

aber gerne

immer wieder

als wäre die Zeit

die Einladung zum Tanzen

auf dem Parkett des Augenblicks

 

das Gammeln auf dem Sofa 

mit nichts als Muße

 

morgendlicher Kaffeeduft, 

dem die Beine willig folgen

 

Luft in der Noppenfolie, die mit

diebischer Freude zum Knallen gebracht wird

 

das offene Fenster, durch das

du das Meer hörst

 

ein Papier, das gerne Falten trägt,

damit Geschichten hängenbleiben

 

das Pi der unendlichen Reihung,

dessen Umfang Fläche erschließt

 

ein Gänseblümchen, das schön

wie selbstvergessen ist und wartet

 

Als wäre die Zeit

 

mein

Vintage Wecker
Bank mit Herbstlaub

herbstliche Weise

Wenn sich die Blätter golden färben,

die Tage kürze und die Nächte länger werden;

wenn sich die Vögel gen Süden drehen,

die Stürme und die Winde wehen;

wen sich der Menschen Träume mehren

und sich die Straßen und Plätze leeren,

dann ist er da,

dann ist es Zeit,

dann heißt es lauschen:

 

das Fallen raschelt.

 

Herbst, dein Lied ist

werden, nicht sterben,

kommen, nicht gehen,

lassen, aber nicht verlassen - 

 

bereit sein für den großen Wandel.

lassen

Meinen Schein

  loslassen

  verlassen.

Mein Sein

  zulassen

   sein lassen

Gott

   Raum lassen

  überlassen

Entlassener sein

Gelassener sein.

Frau sitzt am Wasser
Eukalyptusbaum

vor mir

unbemerkt, still und leise,

ganz auf seine eigene weise,

bahnt sich bein um bein

den weg ein käfer klein:

kein wissen um das, was kommen wird

und um das, was hinter ihm schon liegt.

ganz bewusst im hier und jetzt

er seine nächsten ziele weise setzt:

 

mitten im fluss der zeit

ein stückchen ewigkeit

warten

Wir warten

 

in

vor

auf

weil

wegen

zwischen

bereitwillig

mit anderen

gezwungenen

ungern vergebens

möglicherweise leider

einige Male auch trotzdem

und vielleicht selber auch als

Erwartete

Warten auf die U-Bahn
Kinder spielen draußen

weißt du noch

Weißt du noch

damals

 

holde Prinzessinnen und edle Ritter

Dreck am ganzen Leib und lautes Geschrei

lustige Geburtstage und neues Fahrrad

erste Liebe und erster Verlust

Staunen im Zoo und Freude vor Weihnacht

 

 

Weißt du noch

heute

 

Welt der Wahrheiten und der nackten Fakten

nobler Zwirn und vornehme Stille

feine Gartenpartys und schwarze Limousinen

rote Rosen und Karten mit schwarzem Rand

Wunder der Technik und Aufatmen nach den Festen

 

Wirst du noch wissen

morgen

 

was damals war

was heute ist

was immer noch sein kann?

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